Segenregen

Was für ein April! Toll, wenn alle so grünt und blüht und dazu noch die Sonne scheint und es nicht regnet. In Kenia sieht das gerade ganz anders aus. Seit Wochen regnet es immer wieder in Strömen. Straßen werden weggespült und ganze Landstriche überflutet und doch freuen sich die Menschen dort, dass das so ist. Denn nach einigen Jahren ohne zuverlässige Regenzeiten ist dieses Nass ein wahrer Segen! Auch bei Nipe Tumaini regnet es regelmäßig und die Farm steht immer mal wieder unter Wasser. Beste Voraussetzungen also, um Mais und Bohnen auch ohne unser Bewässerungssystem anbauen zu können.

 

Und doch sind die großen Wassermassen nicht ganz ungefährlich. Vielleicht habt ihr es sogar in den Medien mitbekommen. Unweit von Nipe Tumaini hat sich ein großer Erdspalt im Rift Valley aufgetan. Hier, wo sich zwei tektonische Platten langsam aber sicher auseinander bewegen, kann es gerade in der Regenzeit jederzeit zu solchen Rissen in der Erde kommen. Das aktuelle Schauspiel bewegte Kenia wochenlang und sorgte weltweit für Aufmerksamkeit in den Medien. Auch die geteerte Hauptstraße wurde durch den Riss unterbrochen und musste mehrmals aufgefüllt werden. Ich habe mich sofort erkundigt, wo der Riss genau aufgetreten ist und war froh, dass es doch ca. 10 km von unserem Projekt entfernt ist.

Mann könnte durchaus behaupten, dass unsere Arbeit in letzter Zeit sehr erfolgreich gewesen sei. Wir haben es geschafft, ein zweites Wohnhaus zu finanzieren und zu bauen und gerade werden ein großer Wassertank und weitere zwei Klassenzimmer für unsere Schule gebaut. Was für ein Erfolg, insbesondere wenn ich daran denke, wie kontinuierlich unsere Spendenbasis wächst und wie schnell wir diese Projekte vorantreiben konnten. Vielen Dank an jeden, der dazu einen Teil beigetragen hat! Doch was wäre, wenn sich morgen die Erde auftäte und all diese schönen neuen Gebäude einfach weg wären? Mutter Teresa hat einmal gesagt: „Gott hat mich nicht dazu berufen, Erfolg zu haben, sondern treu zu sein“

Wenn ich darüber nachdenke wird mir klar: Es ist alles schön und gut, was wir geschafft haben, aber was zählt sind nicht der tolle große Wassertank und auch nicht die nachhaltige Farm, oder schöne neue Klassenzimmer für unsere Schule. Was zählt ist jeder einzelne Tag, an dem Nipe Tumaini ein lebenswerten Ort für die Kinder ist, die dort leben und die aus Umständen kommen, die einfach nur schrecklich waren. Dazu kommen die Mitarbeiter und ihre Familien, die sich mit viel Herzblut in dieses Projekt einbringen und gerne dort leben und die Nachbarn, die externen Schüler, die Freunde, die davon hören und du und ich.

Wir alle sind ein Teil dieser Familie und wir alle bringen dieses Projekt zum Leben. Und wenn morgen alle Gebäude in eine Erdspalte fallen, dann fangen wir eben wieder von vorne an, denn das Leben ist HEUTE. Dort, wo wir in Beziehung mit anderen Menschen treten und wir Gemeinschaft haben mit Gott und anderen Menschen, wo gelacht und geliebt wird, wo wir uns gegenseitig helfen und uns zuhören, wo wir Fehler machen und vergeben. Ist dort messbarer Erfolg? Nein, aber ein Segen!

Johannes

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